Wir haben an dieser Stelle bereits viel über nachhaltiges Putzen, Luffaschwämme und korrekte Mülltrennung gesprochen – und keine Sorge, das werden wir auch weiterhin tun. Heute wollen wir trotzdem einmal einen Blick in die Kleiderschränke der Nation werfen. Es ist wichtig, dass die Produktionsbedingungen von Textilien zuletzt immer mehr in den Vordergrund rücken und wir uns vermehrt mit dem sozialen und ökologischen Fußabdruck unserer Kleidung beschäftigen – doch was passiert eigentlich mit den Alttextilien, wenn wir diese nicht mehr tragen und entsorgen?
Wir fassen in diesem Artikel die wichtigsten Fakten zu Alttextilien zusammen. Den gehobenen Zeigefinger lassen wir dabei wie immer zu Hause – uns ist es wichtig zu informieren und Alternativen aufzuzeigen, die Entscheidung muss aber letzten Endes jede:r für sich selbst treffen. Wir wissen, dass es hier einen Fehler im System gibt und oftmals Konsument:innen eine Verantwortung zugeschustert wird, die eigentlich bei dem Gesetzgeber bzw. den Produzent:innen liegt. Trotzdem können wir natürlich alle dazu beitragen, bewusst zu konsumieren und zu recyclen.
ABER GANZ VON VORNE – WORÜBER SPRECHEN WIR BEI ALTTEXTILIEN EIGENTLICH UND WIE VIEL GIBT ES DAVON?
Der Begriff Alttextilien beschreibt alle „gebrauchten Haushalts- und Bekleidungstextilien“ (BSVE). Darunter fallen Kleidungsstücke wie T-Shirts, Pullover oder Hosen genauso wie Tischdecken, Handtücher oder Bettwäsche.
Im Jahr 2018 wurden laut dem Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BSVE) ca. 1,3 Millionen Tonnen Alttextilien in Deutschland gesammelt, der Großteil über die klassischen Altkleidercontainer. Man mag sich fragen, ob das jetzt viel oder wenig ist – wenn man das auf 80 Mio. Deutsche herunterbricht, dann kommt man auf ca. 16,25kg pro Kopf. Das wiederum fühlt sich dann doch ziemlich viel an. Hier sind außerdem „nur“ die Alttextilien aus privaten Haushalten berücksichtigt– was an Textilabfällen entsteht, noch bevor Textilien in den Verkauf kommen, dazu vielleicht an anderer Stelle einmal mehr. Mindestens genauso erstaunt waren wir, dass beispielhaft im Jahr 2018 4,7 Milliarden Kleidungsstücke in Deutschland verkauft wurden – d.h., dass jede:r Deutsche im Schnitt 59 neue Kleidungsstücke gekauft hat (Quelle: BSVE). Wir finden: das sind krasse Zahlen. Und fragen uns:
WAS PASSIERT EIGENTLICH MIT DEN ALTTEXTILIEN, DIE IN DER ALTKLEIDERSAMMLUNG LANDEN?
Wichtig zu beachten ist hier, dass in der Altkleidersammlung (fast) nur Alttextilien landen, die potenziell weiterhin verwendet werden können – Alttextilien, die z.B. durch Löcher, Flecken, etc. unbrauchbar geworden sind, werden in der überwiegenden Mehrheit bereits zu Hause aussortiert. Diese landen im Restmüll und werden verbrannt. Doch leider landen umgekehrt auch viele Alttextilien, die potenziell wieder verwendet werden könnten, ebenfalls im Restmüll. Die Zahlen des Anteils an Alttextilien, die im Restmüll landen, variieren hier stark und liegen laut NABU irgendwo zwischen 19% und 50%.
Landet ein Kleidungsstück erst einmal im Altkleidercontainer, dann kommt es darauf an, wer den Container aufgestellt hat (dazu später noch mehr). Laut BSVE gestaltet sich die weitere Verwertung der Alttextilien wie folgt:
Quelle: Eigene Darstellung nach Zahlen des BSVE aus 2018
Nur etwas mehr als die Hälfte der Alttextilien werden ihrem Ursprungszweck noch einmal zugeführt (z.B. dass ein T-Shirt noch einmal als T-Shirt getragen wird). Von diesen 54% bleiben dabei dann auch nur etwa 2-4% (BR, 2020) in Deutschland, der Rest wird an gewerbliche Händler verkauft und z.B. in afrikanische oder osteuropäische Staaten exportiert. Doch wie ist das zu bewerten – aus ökologischer, aber auch aus moralischer Sicht? Laden wir (mal wieder) nur unseren Müll in anderen Staaten ab und nehmen dabei noch viele Tonnen CO2-Emissionen für den Transport in Kauf oder ist dieser Export vielleicht sogar sinnvoll? Die Antwort ist komplex. Laut Öko-Test leben zwar viele Menschen vor allem in Afrika vom Handel mit gebrauchten Textilien z.B. aus Europa, zugleich hat dieser Handel mit gebrauchten Textilien einen nicht zu vernachlässigenden negativen Einfluss auf die lokale Textilproduktion. Aus diesem Grund überlegen bereits einige Staaten, Importe von Textilien zu beschränken. Auf der ökologischen Seite steht den oben genannten Transportemissionen gegenüber, dass die Weiterverwendung von Alttextilien gegenüber der Produktion von neuen Textilien natürliche Ressourcen wie Wasser oder Baumwolle spart und die Umwelt z.B. durch weniger Einsatz von Chemikalien schont.
Doch was passiert mit den restlichen knapp 50%, die nicht mehr als Second-Hand Textilien weitergenutzt werden können? Diese werden entweder recycelt oder (zu einem kleineren) Teil verbrannt. Der Begriff „Recycling“ ist hier allerdings eher irreführend, passender ist es hier von „Downcycling“ zu sprechen. Schätzungen zufolge werden weltweit nicht einmal 1% der Alttextilien tatsächlich wieder zu neuen Textilien verarbeitet (Deutschlandfunk, 2021). Die Herausforderung bei dem Recyceln von Alttextilien, also der Gewinnung von neuem Garn aus alten Textilien, ist (verkürzt dargestellt) folgende: Unsere Textilien bestehen oft aus verschiedenen Fasern bzw. Materialien, die oft nicht detailliert angegeben werden und deren Trennung nach dem Ende des Lebenszyklus eines Kleidungsstücks sehr aufwendig ist. Ein qualitativ hochwertiges, technisch umsetzbares und wirtschaftlich abbildbares Recycling von Alttextilien im großen Stil ist derzeit daher noch nicht möglich. Daher werden die Textilien aus dem Altkleidercontainer z.B. als Putzlappen oder Dämmstoffe in der Autoindustrie weiterverwendet.
Dieser Prozess hört sich aufwändig an und ist es auch – doch es scheint sich für die Alttextilverwerter zu lohnen. Das Oberverwaltungsgericht in NRW hat den jährlichen Gewinn pro Altkleidercontainer mit ca. 5000€ geschätzt,von der Branche selbst werden allerdings deutlich niedrigere Zahlen genannt. Trotzdem gibt es erschreckend viele illegal aufgestellte Altkleidercontainern: in Deutschland werden insgesamt über 10.000 illegal aufgestellte Container vermutet (FairWertung).
WELCHE ALTERNATIVEN GIBT ES ALSO ZU DEN ALTKLEIDERCONTAINERN?
Auch hier gilt der altbewährte Grundsatz, dass der bewusste Konsum der wirksamste Hebel in Bezug auf den Umgang mit Textilien ist. Das bedeutet zum einen weniger zu kaufen und/oder auf den Kauf von Second-Hand-Kleidung auszuweichen, aber z.B. auch „sortenreine“ Textilien (also z.B. Textilien aus 100% Baumwolle) zu kaufen, um einen späteren Recyclingprozess zu erleichtern. Nachhaltig ist es, die gekauften Textilien so lange wie möglich zu tragen und kleinere Beschädigungen zu reparieren.
Du hast trotzdem noch das ein oder andere Stück in deinem Kleiderschrank liegen, das noch gut erhalten, aber für dich zur Modesünde geworden ist? Dann gibt es drei gute Alternativen, mit diesen Stücken anderen Menschen noch eine Freunde zu machen:
1) Kleidung mit deinen Freund:innen tauschen
2) gebrauchte Teile als Second-Hand-Kleidung verkaufen (entweder online z.B. über Sellpy oder Vinted oder über einen Second-Hand-Store) und nebenbei sogar noch ein wenig Geld verdienen
3) die Alttextilien an eine soziale Einrichtung aus deiner Region spenden, die diese an Bedürftige weitergeben. Wichtig ist hier immer vorher anzufragen, ob und was derzeit benötigt wird.
WELCHEN ALTKLEIDERCONTAINERN KANN ICH TRAUEN?
Solltet ihr dennoch den Weg zum Altkleidercontainer wählen, dann achtet am besten darauf, in welchen Container ihr eure Sachen werft. Ihr könnt euch hier z.B. an den Aufklebern auf den Containern (wie das „BVSE Qualitätssiegel Textilsammlung“, das „FairWertung“-Zeichen oder das DZI-Spendensiegel) orientieren, oder einen Container eures kommunalen Entsorger nutzen. Einnahmen aus diesen Containern unterstützen entweder die gemeinnützigen Projekte z.B. von Hilfsorganisationen oder – im Falle der kommunalen Entsorger – die Finanzierung der Müllgebühren.
WAS DARF MAN IN DEN ALTKLEIDERCONTAINER WERFEN?
Wenn ihr euch entscheidet, einen (seriösen) Altkleidercontainer zur Entsorgung eurer ausgedienten Kleidung zu nutzen, dann fragt ihr euch jetzt vielleicht, was genau ihr eigentlich in die Container werfen dürft. Hier dazu eine kurze Übersicht:
✔️ Gehört in den Altkleidercontainer |
🛑 Gehört nicht in den Altkleidercontainer
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DIE FRAGE BLEIBT: UND NUN?
Natürlich gibt es, wie oben beschrieben, eine gewisse Verantwortung jedes*r Einzelnen, wie viel und welche Textilien gekauft werden, wie lange diese genutzt werden und wie diese weitergegeben bzw. entsorgt werden. Dennoch bedarf es viel Information und auch finanzielle Ressourcen, um z.B. fair und umweltschonend produzierte Textilien zu kaufen. Das von jedem*r Einzelnen zu erwarten, darf aus unserer Sicht nicht die alleinige Lösung sein. Für uns stehen hier sowohl die produzierenden Unternehmen als auch der Gesetzgeber in der Verantwortung. So fordert z.B. der NABU eine „erweiterte Produktverantwortung für Hersteller und Vertreiber“, die den gesamten Lebenszyklus der Textilien betrachtet und die Recyclingfähigkeit bereits beim Design mit einbezieht. Diese beinhaltet auch eine Rücknahmepflicht und eine finanzielle Verantwortung für produzierte Textilien. Zusätzlich fordert der NABU gesetzliche Quoten für hochwertiges Recycling und für Rezyklatanteile in neuen Textilien. Das finden wir einen guten und unterstützenswerten Ansatz.
Was wir bei The Closest Loop mit und aus Alttextilien machen, das erzählen wir dir beim nächsten Mal. Wenn du nicht bis dahin abwarten kannst, dann kannst du hier schon einmal einige Informationen zu „Der Lappen“, unserem nachhaltigen Spül- und Putzlappen aus Alttextilien, finden. Schau gerne vorbei!